Digitale Skills werden immer wichtiger

Der moderne Steuerexperte – mehr als nur Paragrafen

Grauer Hintergrund mit Schriftzug Blog und Portraitbild des Autors. Bild: @tax&bytes

Bisher war das Steuerberaterexamen der Ritterschlag für den Steuerexperten. Wer in der Steuerbranche vorankommen wollte, kam in der Regel nicht an der Examensprüfung vorbei. Doch der Berufsalltag im Steuerumfeld verändert sich immer schneller. Wer heute im Steuerbereich erfolgreich agieren will, muss sich Kenntnisse aneignen, die über das materielle Steuerrecht hinausgehen - Prozessverständnis, Datenbeherrschung und Technologieeinsatz gehören längst zum neuen Anforderungsprofil.

💻 Digitalisierung als täglicher Begleiter

Die digitale Transformation macht auch vor der Steuerbranche nicht halt. Neue gesetzliche Vorgaben und technologische Entwicklungen verändern die Anforderungen in rasantem Tempo. Ein Beispiel ist die E-Rechnung, die derzeit mit Hochdruck in der Praxis umgesetzt wird. Sie ist nicht nur ein technisches Format, sondern ein Hebel für einen weitreichenden Automatisierungsschub - von der Buchführung über die vorbereitende Steuererklärung bis hin zur finalen Steueranmeldung. Erste Erfahrungsberichte aus Pilotprojekten zeigen, wie groß der Umbruch sein kann - und wie sehr er Strukturen und Prozesse verändert.

Doch die E-Rechnung ist erst der Anfang. Wer genauer hinschaut, erkennt, dass die Digitalisierung in vielen Bereichen längst zur Voraussetzung geworden ist - nicht zuletzt bei der digitalen Betriebsprüfung. Die Finanzverwaltung greift heute gezielt auf steuerrelevante Daten zu, mit bekannten Tools wie IDEA, zunehmend aber auch mit Power BI. Welche Zugriffsmöglichkeiten bestehen, welche Daten in welchem Umfang betroffen sind und wie man sich vor dem Hintergrund der §§ 147 Abs. 6, 147b, und 158 Abs. 2 AO vorbereitet – all das ist für Steuerfachleute längst kein Spezialwissen mehr, sondern notwendiges Basiswissen.

🧩 Neue Herausforderungen, neue Kompetenzen

Steuerliche Kontrollsysteme sind zudem keine Theorie mehr aus der Konzernwelt. Immer mehr Unternehmen - ob groß oder mittelständisch - erkennen, wie wichtig es ist, Prozesse sauber zu dokumentieren und mögliche Risiken strukturiert zu identifizieren. Die Grundlagen eines Tax CMS nach IDW PS 980 schaffen dabei ein gemeinsames Verständnis. Bei der praktischen Umsetzung helfen Tools wie Signavio, Impero oder SAP RAM, z.B. bei der Prozessmodellierung mit BPMN. Aber auch hier gilt: Nur wer versteht, wie diese Tools funktionieren, kann sie auch effektiv einsetzen und möglicherweise sogar im Rahmen eines Pilotprojekts von der Betriebsprüfung beurteilen lassen (Art. 97 § 38 EGAO).

Ein Blick auf das Datenmanagement zeigt: Hier wird die Grundlage für fundierte steuerliche Entscheidungen gelegt. Wer sich mit Power BI beschäftigt, erkennt schnell, wie komplex und zugleich chancenreich die Analyse von Steuerdaten sein kann. Es geht nicht nur darum, bunte Dashboards zu erstellen. Es geht um Data Literacy, also die Fähigkeit, Daten richtig zu lesen, zu bewerten und daraus Schlüsse zu ziehen. In Kombination mit künstlicher Intelligenz, etwa zur Mustererkennung oder zur automatisierten Textauswertung, entstehen neue Möglichkeiten - aber auch neue Anforderungen.

🔌 Zwischen Systeme und Schnittstellen

Ein zentrales Element im betrieblichen Steueralltag ist das ERP-System – in vielen Fällen SAP. In mittleren und großen Unternehmen stellt sich zunehmend die Frage, wie steuerliche Anforderungen in SAP S/4HANA systematisch abgebildet werden können. Unterschiedliche Steuerarten - von der direkten Steuer über die Umsatzsteuer bis hin zur Quellensteuer - erfordern spezifische Einstellungen, Datenflüsse und Logiken. Und welche steuerlichen Anforderungen werden an den Geschäftspartner in SAP S/4HANA gestellt? Wo liegen die Stolpersteine? Auch diese Fragen sollten beantwortet werden können.

Neben dem Einsatz aller Tools bleibt die zentrale Anforderung, steuerliche Prozesse GoBD-konform zu dokumentieren. Begriffe wie Unveränderbarkeit und Datensicherheit sind längst nicht mehr nur Thema bei Betriebsprüfungen. Wer digitale Prozesse gestaltet, muss wissen, wie diese dokumentiert werden können - und welche technischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um auch im Streitfall auf der sicheren Seite zu sein.

💡 Was nach Zukunft klingt, ist oft schon Realität

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Steuerbereich ist bekanntlich keine Science Fiction mehr. Im Gegenteil: Ob beim Verfassen einer E-Mail, bei der systematischen Recherche komplexer Sachverhalte oder sogar bei der automatisierten Analyse von Urteilen und Verwaltungsanweisungen - generative KI ist längst Teil des steuerlichen Werkzeugkastens geworden. Wer sie zu nutzen weiß, kann Routineaufgaben effizienter erledigen und sich stärker auf die eigentliche Beratung konzentrieren.

Und dann ist da noch das Thema Blockchain - oft belächelt, manchmal überschätzt, aber mit zunehmender Relevanz. Denn steuerlich relevante Prozesse rund um Kryptoassets erfordern mehr denn je ein solides Grundverständnis der zugrundeliegenden Technologie. Wer weiß, wie Blockchain funktioniert und wo sie konkret eingesetzt wird, kann Mandanten oder das eigene Unternehmen zielgerichtet beraten und unangenehme Überraschungen vermeiden.

FAZIT

✅ Der Steuerexperte wird digitaler Architekt

Ob Steuerkanzlei, Inhouse-Abteilung oder Beratungsunternehmen - wer heute im Steuerrecht tätig ist, bewegt sich in einem Umfeld, das sich auch technisch ständig weiterentwickelt. Wer Prozesse, Systeme und Daten versteht, schafft sich Freiräume für die eigentlichen Kernaufgaben: die steuerliche Beratung und Gestaltung - und stellt sich zudem zukunftssicher auf.

📢 Und jetzt?

All diese Themen stehen im Mittelpunkt einer neuen Fortbildungsreihe: Der Technologie-Führerschein für Steuerexperten des IDSt e.V. bietet in acht Modulen praxisnahe Einblicke in die digitale Steuerwelt. Mit Referent:innen aus Verwaltung, Wissenschaft und Praxis. Bei Teilnahme an 7 der 8 Module winkt der vom IDSt ausgestellte „Technologie-Führerschein“. Die Module können bei partiellem Interesse aber auch einzeln gebucht werden.

📅 Die Modulreihe beginnt am 29. April 2025. Am 22. April 2025 findet eine kurze Einführung statt, die jedoch nicht für den Erwerb des „Führerscheins“ benötigt wird.

Zur Anmeldung und weiteren Informationen geht es hier:

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Welche Ziele verfolgt der gemeinnützige Verein? Hier erfährst man mehr über Mission, Aktivitäten und Projekte des Instituts für Digitalisierung im Steuerrecht e.V.

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