Der persönliche Austausch mit dem Mandanten bleibt zentral
Ein Beitrag von Luise Stein
Wie wird KI die Steuerberatung verändern? Dazu hat JUVE Steuermarkt in der Gesprächsreihe „Der KI-Touch in der Steuerberatung" drei Experten befragt. Sie kommen aus der Wissenschaft (Teil 1), einer Next-Six- sowie einer Big-Four-Gesellschaft. Heute: Daniel Spieker von RSM Ebner Stolz.

Im zweiten Teil der Reihe spricht Daniel Spieker. Er ist Partner und Head of Tax Technology bei RSM Ebner Stolz am Kölner Standort. Im ersten Teil der Reihe sprachen wir mit Prof. Dr. Christoph Schmidt.
Schmidt und Spieker sind sich einig, was die Bereiche in der Steuerberatung angeht, die wenig von KI betroffen sein werden. Stichwort ist hier People’s Business und das Vertrauen zwischen Mandant und Berater.
Auch rechnen beide damit, dass KI die Kostenstruktur in der Beratung verändern wird. Dabei beziehen sie jedoch unterschiedliche Positionen: Während Schmidt in KI eher einen Vorteil für kleine Kanzleien sieht, hat Spieker die steigenden IT-Kosten der Beratungshäuser im Blick. Zudem macht er sich Gedanken um die steuerliche Ausbildung der Zukunft. Unter dem Strich gibt es in einigen Bereichen Einigkeit zwischen den Experten, aber auch deutlich andere Akzente.
Wo sehen Sie künftig den größten Anwendungsfall von KI in der Steuerberatung?
Künstliche Intelligenz bietet im Steuerbereich eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. Insbesondere die zuletzt populär gewordenen Sprachmodelle als Untergruppe der KI eröffnen im textlastigen Steuerumfeld großes Potenzial.
Einerseits können diese bei der Recherche unterstützen, sofern das Sprachmodell Zugriff auf steuerliche Inhalte, zum Beispiel aus Verlags- oder Kanzleidatenbanken, hat. Andererseits können sie diverse inhaltliche Aufgaben übernehmen wie etwa die systematische Durchsicht von Belegen und Verträgen nach steuerlich relevanten Informationen, die Vorkategorisierung transaktionaler ERP-Daten für Steuerberechnungen oder -erklärungen sowie die Erstellung von Mappings zum Beispiel für die E-Bilanz.
Darüber hinaus können KI-basierte Chatbots auf Basis vordefinierter steuerlicher Inhalte, etwa zur Lohnsteuer, entwickelt werden, die einfache Fragen effizient beantworten. Neben den etablierten Einsatzfeldern wird KI in Zukunft noch weitere Anwendungen ermöglichen, etwa die Erstellung von steuerlichen Schulungen oder Fachbeiträgen im Audio- und Videoformat sowie die Durchführung steuerlicher Datenanalysen und -prognosen.
Welche Bereiche in der Steuerberatung werden von KI am wenigsten berührt?
Die Steuerberatung ist ein starkes People’s Business, das auf zwischenmenschlicher Interaktion und Vertrauen basiert. Technologie kann hier lediglich ein unterstützendes Hilfsmittel sein. Daher wird die direkte Mandantenbetreuung, bei der es um persönliche Beratung und das Aufbauen von Vertrauen geht, am wenigsten von KI beeinflusst. Der persönliche Austausch mit dem Mandanten bleibt zentral, insbesondere bei sensiblen oder komplexen steuerlichen Themen.
Inhaltlich ist festzuhalten, dass Sprachmodelle derzeit imstande sind, im einfachen bis mittelkomplexen Bereich – bei richtiger Anwendung durch steuerlich versierte Personen – gute Ergebnisse zu liefern. Diese müssen jedoch stets geprüft und häufig ergänzt werden. Komplexere Fragestellungen, etwa im Kontext von Umstrukturierungen oder grenzüberschreitenden Sachverhalten, werden Stand jetzt auf absehbare Zeit nicht zufriedenstellend durch KI lösbar sein.
Wie wird sich der Steuermarkt durch KI verändern?
Ich erwarte, dass Unternehmen zukünftig teilweise – vor allem bei einfacheren steuerlichen Fragestellungen – zunächst selbst mithilfe geeigneter Sprachmodelle erste Recherchen durchführen werden. Der Zugang zu steuerlichem Wissen wird niederschwelliger und einfacher, birgt jedoch auch Risiken. Nicht alles, was logisch klingt und von der KI mit Quellen belegt wird, ist tatsächlich korrekt. Wir als Berater rücken in solchen Fällen zunehmend in eine prüfende Rolle, um die Ergebnisse zu verifizieren. Ob diese Prüfung tatsächlich weniger aufwändig sein wird oder ob sie durch fehlende Sachverhaltsinformationen und voreingenommene Richtungen der Mandanten sogar komplexer wird, bleibt abzuwarten.
Auch auf die Beratungshäuser selbst wird der Einsatz von KI großen Einfluss haben. Technologische Lösungen wie KI werden stärker in die tägliche Mandatsarbeit integriert. Diese zunehmende Bedeutung der Technologie wird dazu führen, dass sich die Anforderungsprofile an Bewerber verändern und technisches Know-how neben steuerlichem Fachwissen immer wichtiger wird. Entsprechende Inhalte werden auch in der Grundausbildung der Steuerberatung an Relevanz gewinnen.
Gleichzeitig bringt der verstärkte Einsatz von KI eine erhebliche Steigerung der IT-Kosten für Beratungshäuser mit sich. Dies wird meiner Einschätzung nach dazu führen, dass die Abrechnung zunehmend über Pauschalmodelle erfolgt. Bei zeitbezogenen Abrechnungen werden IT-Pauschalen voraussichtlich ebenfalls an Bedeutung gewinnen.
Das dritte Expertengespräch mit Christian Stender von KPMG wird hier in Kürze veröffentlicht.
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