Überblick über die Reform der Betriebsprüfung
Ein Beitrag von Daniel Denker
Mit Datum vom 10.11.2022 hat der Bundestag das sogenannte „DAC 7-Umsetzungsgesetz“ beschlossen, dem der Bundesrat am 16.12.2022 seine Zustimmung erteilt hat. Darin enthalten sind wesentliche Änderungen der Abgabenordnung, welche die GoBD und mithin die steuerliche Außenprüfung betreffen. Am 28.12.2022 wurde das DAC 7-Umsetzungsgesetz verkündet, das wesentliche Verfahrensänderungen im Bereich der Außenprüfung enthält, die der Modernisierung und Beschleunigung dienen sollen. Die Modernisierung der Außenprüfung verfolgt als primäres Ziel die Beschleunigung des Verfahrens, um sowohl die erheblichen Belastungen der Steuerpflichtigen als auch die Bürokratiekosten zu reduzieren.
Diese Ziele betreffen sowohl die Steuerpflichtigen als auch die Finanzverwaltung selbst. Durch eine schnellere Abwicklung der Prüfung sollen die mit langwierigen Prozessen verbundenen Herausforderungen und Kosten für die Steuerpflichtigen verringert werden. Gleichzeitig strebt die Modernisierung an, die Effizienz der Finanzverwaltung zu steigern und die damit verbundenen Verwaltungsaufwände zu minimieren. Einige der Auswirkungen für die Praxis werden in diesem Beitrag erläutert.
I. Überblick über die Reform der Außenprüfung
1. Neue Rahmenbedingungen
Durch das DAC 7-Umsetzungsgesetz wurden die Rahmenbedingungen für Außenprüfungen reformiert. Hervorzuheben sind vor allem
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die Erweiterung der Anzeige- und Berichtigungspflicht (§ 153 Abs. 4 AO),
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die Begrenzung der Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 4 AO),
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die Einführung eines bindenden Teilabschlussbescheids (§ 180 Abs. 1a AO) mit einem Teilprüfungsbericht (§ 202 Abs. 3 AO),
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die Bekanntgabe von Prüfungsschwerpunkten und einer zeitnahen Prüfungsanordnung (§ 197 AO),
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die Einführung eines sogenannten qualifizierten Mitwirkungsverlangens mit Sanktionen (§ 200a AO),
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Prüfungserleichterungen bei einem wirksamen innerbetrieblichen Steuerkontrollsystem (§ 38 EGAO),
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die Aufzeichnungspflicht bei Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 3 und Abs. 4 AO),
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die Einführung eines Zuschlags bei keiner oder verspäteter Vorlage sowie unverwertbarer Aufzeichnungen (§ 162 Abs. 4 AO) sowie
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die Einführung einer einheitlichen digitalen Schnittstelle nach § 147 Abs. 6 und § 147b AO mit Auswirkungen auf die Beweiskraft der Buchführung nach § 158 AO.
2. Auswahl an neutralen und verbesserten Änderungen
2.1 Elektronische Kommunikation
Zu den neutralen Änderungen gehören insbesondere die Möglichkeit von Videokonferenzen, z. B. für Schlussbesprechungen, die elektronischen Übermittlungen von Prüfberichten sowie die Änderung der Datenspeicherung im Zusammenhang mit dem Prüfernotebook. Im Rahmen von Betriebsprüfungen können auch Verhandlungen, Besprechungen und Schlussbesprechungen elektronisch durch Übertragung in Ton oder Bild und Ton erfolgen (§ 87a Abs. 1a Satz 1 AO i. V. mit § 201 Abs. 1 Satz 3 AO). Die Regelung findet seit dem 1.1.2023 Anwendung.
Gemäß § 202 Abs. 1 Satz 1 AO ergeht über das Ergebnis der Außenprüfung ein schriftlicher oder elektronischer Bericht (Prüfungsbericht). Durch Einführung des Wortes „elektronisch“ kann nunmehr ein Prüfungsbericht auch elektronisch, d. h. digital ergehen.
2.2 Benennung von Prüfungsschwerpunkten
Gemäß § 197 Abs. 3 AO hat die Finanzbehörde die Befugnis erhalten, bereits bei der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung innerhalb einer angemessenen Frist die aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen anzufordern, um darauf basierend Prüfungsschwerpunkte zu setzen. Anschließend soll sie dem Steuerpflichtigen die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte mitteilen (§ 197 Abs. 4 AO), um ihm eine bessere Vorbereitung auf die Prüfung zu ermöglichen und die Bereitstellung der Unterlagen zu beschleunigen. Anzumerken ist, dass die Nennung von Prüfungsschwerpunkten jedoch keine sachliche Einschränkung der Außenprüfung auf bestimmte Sachverhalte gemäß § 194 AO nach sich zieht (§ 197 Abs. 4 Satz 2 AO). Nach der bisherigen Rechtslage wurden dem Steuerpflichtigen zwar keine Prüfungsschwerpunkte mitgeteilt, jedoch waren die Außenprüfer gehalten, Prüfungsschwerpunkte zu setzen und die Prüfung auf das Wesentliche abzustellen (§ 7 BpO).
2.3 Datenzugriff
Mit Einführung der Gesetzesänderung in § 147 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AO kann die Finanzbehörde nun verlangen, dass mit einem DV-System erstellte, aufzubewahrende Unterlagen i. S. des § 147 Abs. 1 AO nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden. Damit kann eine Z3-Datenübertragung nicht mehr ausschließlich per Datenträgerüberlassung (z. B. per USB-Stick oder Daten- CD), sondern auch per Datenübertragung (z. B. via FinDrive in Niedersachsen) vorgenommen werden. Die Verarbeitung und Aufbewahrung der nach § 147 Abs. 6 AO zur Verfügung gestellten Daten ist auch auf mobilen DV-Systemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig, sofern diese unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind (§ 147 Abs. 7 Satz 1 AO).
2.4 Ablaufhemmung
Die gesetzlichen Neuregelungen betreffen u. a. auch § 171 Abs. 4 AO. § 171 Abs. 4 Satz 3 AO sieht nunmehr vor, dass die an den Beginn einer Außenprüfung anknüpfende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO künftig spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres endet, in dem die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde. Damit wird die bislang fehlende zeitliche Begrenzung aufgehoben. Die neue Fassung von § 171 Abs. 4 AO gilt erstmals für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31.12.2024 entstehen.
2.5 Buchführungsverlagerung ins Ausland
Eine Verlagerung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist ohne expliziten Antrag möglich. Es ist aber sicherzustellen, dass der Datenzugriff gemäß §§ 146b Abs. 2 Satz 2 AO, 147 Abs. 6 AO und § 27b Abs. 2 Sätze 2 und 3 UStG weiterhin in vollem Umfang möglich bleibt (vgl. hierzu § 146 Abs. 2a AO). Für eine Verlagerung in einen Drittstaat ist gemäß § 146 Abs. 2b AO die Bewilligung eines entsprechenden Antrags nötig. Zusätzlich zu der dabei auch künftig erforderlichen Ermöglichung des Datenzugriffs in vollem Umfang sind weitere Voraussetzungen gemäß § 146 Abs. 2b Satz 2 AO zu erfüllen.
2.6 Möglichkeit eines Teilabschlussbescheids
Gemäß § 180 Abs. 1a Satz 1 AO können einzelne, im Rahmen einer Außenprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden (Teilabschlussbescheid), solange noch kein Prüfungsbericht nach § 202 Abs. 1 AO ergangen ist. Die Entscheidung über den Erlass von Teilabschlussbescheiden steht also grundsätzlich im Ermessen der Finanzbehörde („können“). Allerdings „soll“ auf Antrag des Steuerpflichtigen gemäß § 180 Abs. 1a Satz 2 AO ein Teilabschlussbescheid ergehen, wenn daran ein erhebliches Interesse besteht und dies vom Steuerpflichtigen glaubhaft gemacht wird. Insoweit handelt es sich um eine Ermessensreduktion.
2.7 Prüfungserleichterungen bei einem wirksamen „IKS“ möglich
Eine interessante Entwicklung besteht darin, dass sich Steuerpflichtige durch den Einsatz eines wirksamen Steuerkontrollsystems auf Prüfungserleichterungen freuen können. Denn Art. 97 § 38 EGAO enthält eine „Erprobung alternativer Prüfungsmethoden“. Damit steht das sogenannte Tax Compliance Management System (Tax CMS) nicht mehr nur im Zusammenhang mit haftungsbegrenzenden Überlegungen nach § 153 AO. Gemäß der Neuregelung des Art. 97 § 38 Abs. 1 EGAO können nun Beschränkungen hinsichtlich der Art und des Umfangs der Ermittlungen für zukünftige steuerliche Außenprüfungen verbindlich von der Finanzbehörde zugesagt werden, vorbehaltlich des Widerrufs.
3. Auswahl an verschärften Änderungen
3.1 Einheitlicher Datenstandard und neue Schätzungsbefugnis
Nach § 147b Satz 1 AO kann das BMF durch Rechtsverordnung einheitliche digitale Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen für den standardisierten Export von Daten bestimmen, die mit einem Datenverarbeitungssystem erstellt worden und nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren sind. In der Rechtsverordnung soll nach § 147b Satz 2 AO auch eine Pflicht zur Implementierung und Nutzung der jeweiligen einheitlichen digitalen Schnittstelle oder von Datensatzbeschreibungen für den standardisierten Export von Daten bestimmt werden können.
3.2 Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen, Mitwirkungsverzögerungsgeld und Zuschlag
Sehr „bedrohlich“ wirkt die Einführung des sogenannten qualifizierten Mitwirkungsverlangens in § 200a AO. Als Druckmittel gegenüber dem Steuerpflichtigen zielt es auf die Beschleunigung des Verfahrens ab. Steuerpflichtigen drohen durch diese gesetzliche Neuregelung erhebliche Verschärfungen im Rahmen von Betriebsprüfungen. Der Finanzverwaltung wird mit dem sogenannten „qualifizierten Mitwirkungsverlangen“ ein neues Instrument an die Hand gegeben, um Mitwirkungshandlungen des Steuerpflichtigen zu forcieren. Bei Verstößen greifen unter Umständen neue Sanktionen.
Steuerpflichtige können zukünftig nach Ablauf von sechs Monaten seit Bekanntgabe der Prüfungsanordnung schriftlich oder elektronisch durch ein (vollstreckbares) qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a Abs. 1 Satz 1 AO zur Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten nach § 200 Abs. 1 AO binnen eines Monats nach Bekanntgabe aufgefordert werden. In begründeten Einzelfällen kann die Frist verlängert werden (§ 200a Abs. 1 Satz 4 AO). Das Mitwirkungsverzögerungsgeld wird in § 200a Abs. 2 AO und der Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld in § 200a Abs. 3 beschrieben. Auswirkungen auf Ablaufhemmungen sind in § 200a Abs. 4 geregelt. In Absatz 5 der Vorschrift ist eine eigene Ablaufhemmung bei Rechtsbehelfen gegen § 200a Abs. 1 bis 3 AO enthalten. Die Vorschrift des § 200a Abs. 6 AO nennt umfangreiche Hinweispflichten gegenüber dem Steuerpflichtigen (Möglichkeit, Höhe, Rechtsfolgen). Zudem ist eine Evaluierungspflicht in § 200a Abs. 7 AO verankert.
Hinweis:
Künftig wird es bei Betriebsprüfungen noch mehr darauf ankommen, die Kommunikation mit der Finanzverwaltung gut zu strukturieren und zu managen. Andernfalls können erhebliche finanzielle Nachteile drohen.
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Dies ist eine Kurzfassung des Beitrages aus BBK 2024 Seite 261
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