Wie geht es mit Taxfix weiter?
Seit der Gründung von Taxfix im Jahr 2016 hat sich für das wohl bekannteste deutsche TaxTech viel getan. In fünf Finanzierungsrunden, zuletzt in einer Series D, konnte Taxfix 330 Millionen US-Dollar von Investoren wie Creandum, Valar Ventures LLC (Peter Thiel) und dem Ontario Teachers' Pension Plan einsammeln.
Dies katapultierte Taxfix erfolgreich in die vorderste Reihe der deutschen Steuerzahler, die jedes Jahr ihre persönliche Steuererklärung abgeben müssen. Was nicht so erfolgreich war, ist der geldbringende Teil des Geschäfts. Die jüngsten Zahlen von Taxfix für das Jahr 2022 weisen einen Verlust von rund 58 Millionen Euro aus - mehr als die Hälfte der gesamten Verluste der Jahre 2016 bis 2021.
Fokussierung auf Kernmärkte und Kostensenkungen
Neben dem deutschen Steuermarkt expandierte Taxfix in dieser Zeit nach Italien, Spanien und Frankreich und sondierte auch den US-Markt, wagte aber nie den Sprung. Da der Konkurrent Taxefy kürzlich nach Deutschland expandierte, hätte man eine Expansion nach Österreich in Betracht ziehen können. Die Expansion in andere Länder mit anderen Steuersystemen ist jedoch möglicherweise nicht so einfach wie gedacht, denn Taxfix hat sich aus Frankreich zurückgezogen und konzentriert sich nun auf seine Kernmärkte Deutschland, Italien und Spanien.
Zusätzlich zu den erwarteten Einsparungen durch die Verkleinerung der operativen Märkte hat Taxfix auch seine steigenden Verluste durch mehrere Entlassungsrunden in Angriff genommen und die Zahl der Mitarbeiter von über 500 im Jahr 2022 auf nur noch knapp über 300 reduziert. Zusätzlich zu den Personalkosten sind auch die Marketingkosten explodiert und werden nun effizienter eingesetzt.
Strategische Übernahmen und Marktpotenzial
Auf der anderen Seite der Kostensenkung hat Taxfix eine kleine Akquisitionswelle gestartet und den deutschen Konkurrenten Steuerbot im Jahr 2023 sowie das britische Unternehmen TaxScouts in diesem Sommer gekauft. Und hier wird es interessant:
Die Übernahme von Steuerbot lässt sich als Kauf eines kleinen Konkurrenten und einer angeblich technologiegetriebenen Akquisition zusammenfassen. Da es sich bei Steuerbot aber um ein rein deutsches Produkt mit der gleichen Zielgruppe handelte, half es nicht, die Wachstumsträume von einer EU-weiten Erweiterung des Steuermarktes zu lösen.
Aus diesem Grund scheint die Übernahme von TaxScouts interessanter zu sein. Zum einen erschließt TaxScouts den britischen Markt für Taxfix. Zum anderen konzentriert sich TaxScouts nicht nur auf die Steuererklärung für Privatpersonen, sondern versucht auch, einen ähnlich nahtlosen Prozess für Selbstständige und Freiberufler anzubieten.
Der Markt für Steuerlösungen für Selbstständige in Deutschland ist mit dem marktbeherrschenden lexoffice (jetzt Lexware Office), der aufstrebenden All-in-One-Plattform von Accountable und weiteren Anbietern in verschiedenen Ausprägungen wie sevdesk, Kontist by Ageras, WISO Steuer, Norman oder ... Excel gesättigt.
Diese Lösungen bieten jedoch - wenn überhaupt - nur wenig für die fortgeschrittene persönliche Steuererklärung von Selbstständigen: Lexware Office beispielsweise hat dafür eine Partnerschaft mit smartsteuer, Accountable bietet nur eine sehr abgespeckte Version der privaten Steuererklärung an, und ein Konkurrent wie Norman ist noch in der Planungsphase.
Auf der anderen Seite unterstützen die üblichen DIY-Lösungen für die private Steuererklärung oft keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit oder Vermietung - was ähnliche Probleme aufwirft. So unterstützt beispielsweise der kostenlose Steuererklärungsdienst SteuerCHECK des CHECK24 Vergleichsportals diese nicht, Taxfix selbst unterstützt sie derzeit nicht in seinem eigenen Kernprodukt, und auch andere Lösungen wie wundertax und Zasta bieten keine Lösungen für Selbstständige.
Marktstrategie und Zukunftsperspektiven
Unter diesem Gesichtspunkt tätigt Taxfix eine sehr interessante strategische Akquisition, die schon bald zu einer deutschen TaxScout-Version führen könnte, die nahtlos mit dem bereits bestehenden Taxfix-Kernprodukt zusammenarbeitet. Die Ausweitung ihres potenziellen Marktes auf über 1,9 Millionen Einzelunternehmer in Deutschland ist eine Wachstumsstrategie, die sich auszahlen könnte.
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