Vom Influencer zum Steuerzahler – alles easy?
Die Werbeindustrie entdeckt in den letzten Jahren zunehmend die Branche der Influencer für sich. Mit der Werbung auf Social Media lassen sich Milliarden Euro umsetzen. Spiegelbildlich zu den Betriebsausgaben der Werbeindustrie stehen Einnahmen bei den Influencern auf der Habenseite. Bei Influencern wird dabei oft aus dem Hobby ein Fulltimejob. Selten stehen dann die steuerlichen Pflichten oder die Dokumentation (digitaler) Sachverhalte und Geschäftsvorfälle im Fokus. Damit einher gehen – oft aus Unkenntnis – hohe Steuernachzahlungen und ein erhebliches Steuerausfallrisiko. Hinzukommen gesetzliche Änderungen, wie bspw. die E-Rechnungspflicht ab 2025, die schon mal gerne an den Steuerpflichtigen vorbei gehen.
Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen
Bevor die steuerrechtliche Einsortierung von Sachverhalten erfolgen kann, sind diese zunächst vollständig aufzuzeichnen, zu dokumentieren und zu archivieren. Das alles GoBD-Konform. Ebenfalls ist der Datenzugriff bzw. die Datenbereitstellung auf die Daten, Dokumente und Datenverarbeitungssysteme (DV-Systeme, BMF v. 28.11.2019 - IV A 4 - S 0316/19/10003 :001, Rz. 20) für Außenprüfungen zu realisieren (§ 147 Abs. 1 und 6 AO). Influencer verwenden jedoch für die Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen regelmäßig DV-Systeme die als Applikation (APP) auf Smartphones oder Computern laufen. Aber auch Social-Media-Plattform-Accounts können steuerrelevante DV-Systeme darstellen.
Steuerrechtliche Würdigung von Geschäftsvorfällen
Die ertragsteuerliche Würdigung muss in der Regel je Geschäftsvorfall beurteilt werden. Es ist denkbar, dass bei einem Influencer (Einzelunternehmer) Einkünfte aus § 15 und/oder § 18 EStG vorliegen können. Die Anforderungen an die freiberufliche Tätigkeit dürften bei einem Influencer enorm sein, da durch genaue Briefings des Auftraggebers in der Regel wenig Spiel für die künstlerische Freiheit in den Postings oder Videos gegeben sein dürfte. Die umsatzsteuerrechtliche Würdigung muss genau darauf abstellen, wer mit wem in einem wirtschaftlichen Leistungsaustausch steht.
Praxis-Herausforderung: E-Rechnungspflicht auch bei Influencern
Auch für Influencer gilt es, im B2B-Bereich ab dem 01.01.2025 die einheitlich formatierte und standardisierte E-Rechnung als Datensatz empfangen zu müssen. Zwar reicht es aus, hierfür ein E-Mailadresse (Beispiel: rechnungseingang@influencerb.de) zu installieren, doch müssen diese Datensätze im Dokumentenmanagement des Influencers verarbeitet und idealerweise bezahlt werden. Ebenso muss der digital eingegangene Datensatz, digital aufbewahrt und archiviert werden. Sind unsere Influencer hierzu schon in der Lage? Sind diese genug sensibilisiert? Ist das Bewusstsein dafür bereits hergestellt? Kommt es in der Praxis aber nicht viel häufiger vor, dass Geschäftsvorfälle per Messengerdienst, Barzahlung, PayPal-Link oder mit Kryptowährungen abgewickelt werden und so bei der Besteuerung mangels (zutreffender) Aufzeichnung schnell in Vergessenheit geraten?
Vielseitigkeit der Monetarisierung – Beispiele
(1) Beispiel Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen auf der Plattform „twitch.tv“
Influencer B streamt auf der Plattform twitch.tv Content. Durch die Zurverfügungstellung der professionellen Streaming Software durch die Plattform lassen sich in den Streaming Vorgang u.a. Donations und Bits als „Spenden“ durch Follower sowie Affiliate-Linkings einbauen. Zusätzlich bietet der Influencer in seinem Webshop über ein Direktlinking eine limitierte Anzahl an Adventskalendern 2024 an. In dem Stream werden Werbevideos anderer Unternehmen eingebettet. Hier erhält der Influencer pro View/Click eine Umsatzbeteiligung. Zusätzlich schließen Follower ein Abo ab, um u.a. auf bereits gesendete Inhalte zurückgreifen zu können. Im Nachgang zum Stream schneidet der Influencer die Aufzeichnung neu und verwendet Teile der Aufzeichnung auf den Plattformen TikTok, X und Instagram, um auch dort Follower zu erreichen und dort ebenfalls Einnahmen zu generieren.
Im konkreten Beispiel werden für die Aufzeichnung unterschiedlichste DV-Systeme verwendet:
ABOS, BITS & CO.
- DV-System: Twitch
- Aufzeichnung durch die Plattform für den Influencer
- Download der Abrechnungen und Vergütung an den Influencer lt. individueller Regelung.
DONATIONS
- DV-System: „Donationssoftware“
- Aufzeichnung durch den Softwareanbieter für den Influencer
- Download der Abrechnungen, Vergütung i.d.R. direkt an den Influencer mittels PayPal
AFFILIATE LINKING
- DV-System des Geschäftspartners
- Aufzeichnung durch den Geschäftspartner
- i.d.R. Provisionsvergütung.
WEBSHOP
- DV-System einer Plattform/ ggf. eigenes DV-System des Influencers
- Aufzeichnung im DV-System
- in der Regel auf eigene Rechnung, Ausnahme Verkauf über Plattformen oder Dropshipping
(2) Beispiel für die komplexe Geschäftswelt Krypto-Geschäftsvorfälle auf der Social-Media-Plattform www.rodeo.club
Ein Influencer veröffentlicht ein digitales Bild (z.B. Fotografie, Memes, KI-generiert, …) zum Kauf auf der Plattform „rodeo.club“. Follower, Fans, Kunstinteressierte oder Spekulanten haben 24 Stunden Zeit, dieses Bild zu kaufen. Das Bild kann beliebig oft gekauft werden. Über die Metadaten des Bildes lassen sich die Unterscheidungen erkennen. Die Bildkäufe werden in Kryptowährungen vorgenommen und über die Ethereum-Blockchain abgewickelt. Der Influencer bekommt je verkauftem Bild eine Vergütung von der Plattform i.H.v. 0,00005 ETH. Insgesamt wird das Bild 1,7 Millionen Mal verkauft. Einnahme für den Influencer 85 ETH (umgerechnet ca. 272.000 €) in 24 Stunden. Durch die Nachvollziehbarkeit jeder einzelnen Transaktion auf der Ethereum-Blockchain lässt sich jeder der 1,7 Millionen Geschäftsvorfälle genau darstellen, inklusive Empfänger-Wallet-ID. Ungewiss ist dabei jedoch, wer an wen eine Leistung erbracht hat. Die Plattform gegenüber dem Influencer oder hat hier der Influencer mit jedem einzelnen Käufer eine wirtschaftliche Leistungsbeziehung? Hat das Ganze Auswirkungen auf die Umsatzsteuer? Wo ist der Ort der Lieferung oder Leistung? Und sind die Länder der Käufer überhaupt bekannt, sofern dies relevant sein sollte? Hier wird sicherlich der Blick in die AGB aufschlussreich sein – sofern diese entsprechenden Punkte überhaupt enthalten.
FAZIT
Das Internet ist schnell befüllt mit Postings, Likes, Videos, Kommentaren oder Transaktionen auf der Blockchain. Denn Technik und fortschreitende Digitalisierung machen vieles möglich. Haben die Nutzer des Internets, die damit auch Geld verdienen, ihre steuerlichen und außersteuerlichen Pflichten im Fokus? Gefühlt nicht immer. Insbesondere bei der Frage nach der Aufzeichnung von Daten und Dokumenten sollte ein Influencer die Aufbewahrungspflichten für Geschäfts- und Handelsbriefe sowie Geschäftsvorfälle auf dem Schirm haben. Ebenso wichtig ist es, dass der tatsächliche Sachverhalt eben anhand dieser Aufzeichnungen nachvollziehbar ist.
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