Lohnabrechnung und HR-Management-Tools – Spannungsfeld oder Kollaboration?
Softwarelösungen werden immer leistungsfähiger: Nahezu alle zahlenorientierten HR-Prozesse lassen sich jetzt schon automatisieren – von der Arbeitszeiterfassung über die Gehaltsberechnung bis hin zu steuerlichen Meldungen. Gleichzeitig gibt es in Steuerkanzleien viele erfahrene Lohnabrechnende, die tiefes Fachwissen über Lohnsteuerrecht, Sozialversicherungsbeiträge und gesetzliche Vorgaben haben, sich aber oft nicht mit dem technologischen Hintergrund der Software, der zugrundeliegenden Datenbasis und deren Verarbeitung auskennen. Ein Spannungsfeld, das mit fortschreitender Automatisierung immer größer wird.
🔄 Übernimmt die Software bald die Arbeit der Lohnabrechnenden oder können beide Seiten voneinander profitieren?
Die Automatisierung der Lohnabrechnung bringt erhebliche Vorteile mit sich: Zum einen die Zeitersparnis, da Routineaufgaben wie die Berechnung von Gehältern, Sozialabgaben und Steuern automatisch erfolgt. Zum anderen Fehlerminimierung, da Meldungen an Sozialversicherungsträger oder Finanzämter direkt aus der Software übermittelt werden können.
Allerdings bedeutet das nicht, dass Lohnabrechnende überflüssig werden. Im Gegenteil: Die Arbeit verändert sich. Wo früher einzelne Entgeltabrechnungen berechnet wurden, geht es heute und in Zukunft vielmehr um die Kontrolle und Optimierung digitaler Prozesse. Die große Herausforderung liegt nun darin, dass Lohnabrechnende ein Verständnis für komplexe Datenstrukturen und digitale Abläufe entwickeln müssen.
Die aktuellen Entwicklungen und der stattfindende Wandel des Berufsbildes zeigen, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Mensch und Technologie notwendig ist, um sowohl Genauigkeit als auch Effizienz zu gewährleisten. Steuerkanzleien und Softwarehersteller müssen in Zukunft noch stärker zusammenarbeiten und voneinander profitieren, um die Lohnabrechnung in der Kanzlei zukunftssicher zu gestalten.
📬 Software kann nur so gut arbeiten wie die Daten, die sie erhält
Sind Eingaben fehlerhaft oder unvollständig, können gravierende Probleme entstehen – falsch berechnete Löhne, verspätete Abgaben oder gar rechtliche Konsequenzen für Unternehmen. Genau hier müssen Lohnabrechnende in Steuerkanzleien ansetzen: Es geht nicht mehr ausschließlich darum, Zahlen korrekt in ein System zu erfassen und Lohn zu berechnen, sondern sicherzustellen, dass die Software mit den richtigen Daten arbeitet, diese Daten richtig interpretiert und steuerliche Vorgaben korrekt umsetzt. Das ist ein neues Aufgabenfeld, an welches Mitarbeitende konsequent herangeführt werden müssen und das ein Umdenken in den Kanzleien erfordert. Nicht ohne Grund fragen sich Kanzlei-Mitarbeitende bei der Vielzahl von Software-Lösungen: Braucht es uns in der Lohnabrechnung überhaupt noch?
Die Antwort ist ein klares Ja – aber in einer veränderten Rolle. Die Lohnabrechnung wird nicht ersetzt, sondern entwickelt sich weiter.
⚡ Das Problem: Software kann keine Erfahrung ersetzen
Viele Softwarelösungen sind technisch ausgefeilt, aber sie verstehen nicht die Komplexität menschlicher Arbeitsverhältnisse. Individuelle Sachverhalte wie Steuerklassen, Abfindungen oder steuerfreie Zuschläge können nicht immer automatisch korrekt verarbeitet werden. Wenn fehlerhafte Daten eingegeben werden, rechnen viele Systeme die Werte einfach weiter, anstatt auf Inkonsistenzen hinzuweisen. Gesetzesänderungen werden oft erst mit Verzögerung in Softwarelösungen integriert.
Hier ist die Expertise der Lohnabrechnenden gefragt. Doch das funktioniert nur, wenn sie mit der Software nicht in Konkurrenz stehen, sondern diese als Unterstützung begreifen. Umgekehrt müssen auch Softwareentwickler das Feedback aus den Kanzleien ernster nehmen, um ihre Lösungen praxisnah weiterzuentwickeln.
Der Weg nach vorne: Zusammenarbeit statt Gegeneinander
✌🏼 Damit Lohnabrechnung und HR-Software optimal zusammenarbeiten, sind zwei Dinge entscheidend:
1. Lohnabrechnende müssen befähigt werden, digitale Prozesse zu verstehen
Die Zukunft der Lohnabrechnung liegt im Verstehen von Datenwegen, Plausibilitätskontrollen und Prozessoptimierung. Schulungen und Weiterbildungen in Datenmanagement, Softwareanwendung und Digitalisierung sind essenziell. Kompetenzen wie Verständnis für Datenstrukturen und die Fähigkeit, fehlerhafte oder unvollständige Dateneingaben zu erkennen, müssen erlernt und routiniert angewendet werden.
2. Softwareentwickler müssen praxisorientierter arbeiten
Viele Softwarelösungen sind technisch hervorragend, aber sie werden oft von Entwicklern entworfen, die wenig Einblick in die Praxis der Lohnabrechnung haben. Es braucht eine engere Zusammenarbeit zwischen Steuerkanzleien und Softwareherstellern, um praxisgerechte und fehlerfreie Lösungen zu entwickeln. Dafür sollten Softwareentwickler noch stärker Kanzleien aktiv in die Produktentwicklung einbeziehen, automatische Plausibilitätsprüfungen verbessern, Schnittstellen zwischen HR- und Lohnsoftware optimieren und Prozesse so transparenter gestalten, dass Lohnabrechnende verstehen, wie die Software rechnet.
Nur wenn diese beiden Seiten – Lohnabrechnende und Softwareentwickler – enger zusammenarbeiten, kann die Digitalisierung der Lohnabrechnung wirklich einen Mehrwert schaffen.
FAZIT
🤝🏼 Präzision in der Lohnabrechnung braucht Kooperation
Auf der einen Seite ist in der Lohnabrechnung höchste Genauigkeit erforderlich. Auf der anderen Seite muss die Softwarebranche die Anforderungen aus der Praxis besser verstehen und Lösungen entwickeln, die nicht nur leistungsfähig, sondern auch fehlertolerant und transparent sind.
Das bedeutet:
✅ Lohnabrechnende müssen sich stärker mit Daten und Software auskennen, um die Qualität der Abrechnungen sicherzustellen.
✅ Softwarehersteller müssen praxisnahe Lösungen entwickeln, die Fehler erkennen und mit den Anforderungen der Kanzleien wachsen.
✅ Zusammenarbeit statt Konkurrenz – Nur wenn Lohnabrechnende und Softwareentwickler kooperieren, kann die digitale Transformation der Lohnabrechnung erfolgreich sein.
Die Zukunft liegt nicht in einem Entweder -oder, sondern in einem gemeinsamen Miteinander. Software kann die Lohnabrechnung nicht ersetzen – sie kann sie aber verbessern. Steuerkanzleien, die sich aktiv mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen und sich darauf einlassen, werden von der Digitalisierung profitieren, statt von ihr verdrängt zu werden.
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