„Steuerzirkus“ in Frankfurt

Was war los auf der Tax Technology Conference 2024?

Ein Polaroidfoto, das mit einer Stecknadel befestigt ist. Daneben steht das Wort Recap. Bild: @tax-technology-conference.de

Die Tax Technology Conference 2024 (#TTC2024) in Frankfurt am Main hat sich als das bisher größte Treffen der „TaxTech-Szene“ dieser Art etabliert. Mit rund 550 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Veranstaltung ein herausragendes Highlight für Steuerberater und Steuerfunktionen, für die technologische Innovationen immer wichtiger werden. Unter dem Motto „Tax Circus“ bot die Konferenz eine bunte Mischung aus inspirierenden Vorträgen, zukunftsweisenden Diskussionen und kreativen Denkanstößen.

⚖️ Die Balance zwischen Tradition und Innovation

Wie auf einem Drahtseilakt führten die Vortragenden die Teilnehmenden durch die komplexe Welt der Steuertechnologie. Mutig, motiviert und mit einer Prise Humor wurden zentrale Themen wie Künstliche Intelligenz (KI), Digitalisierung und Change-Management diskutiert. Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, dass bei aller technologischen Weiterentwicklung weiterhin der Mensch im Mittelpunkt steht.

In der ersten Key-Note des Tages unterstrich Magdalena Rogl von Microsoft eindrucksvoll diese Balance. Sie betonte die Bedeutung von emotionaler Intelligenz, insbesondere auf der Führungsebene, noch bevor künstliche Intelligenz flächendeckend in Unternehmen Einzug hält. Auf die allgemeine Sorge vor massenhaften Arbeitsplatzverlusten antwortete Rogl, dass durch den digitalen Fortschritt viele Jobs entstehen werden, die es heute noch gar nicht gibt. Die Frage „Was will ich werden?“ werde aufgrund der rasanten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend durch die Frage „Wie will ich werden?“ ersetzt.

🎤 Einblicke der Speaker: Mut zur Veränderung

Christian Kaeser von Siemens betonte, wie schwierig es für Steuerberater und Steuerabteilungen sei, agil zu arbeiten. Er schlug vor, sich stattdessen auf „Veränderung“ zu konzentrieren. In Unternehmen müsse man weg von internen Konkurrenzkämpfen und hin zu kooperativem Denken und Handeln kommen – gerade im technologischen Zeitalter. Wie viele Redner nach ihm betonte auch Kaeser, dass sich die Rolle der Steuerfunktion gewandelt habe: weg von reiner Governance und Compliance, hin zum Business Partner der anderen Unternehmensfunktionen.

Dominik Wellmann von Mercedes Benz betonte die Notwendigkeit eines grundlegenden „Mindset Shifts“: Alle Kolleginnen und Kollegen müssten bestehende Business Cases konsequent hinterfragen und anpassen. Wandel beginnt im Kopf und erfordert Mut zur Veränderung.

Raphael Gielgen von Vitra brachte in seiner spannenden und humorvollen Keynote die Kreativität ins Spiel. Seiner Meinung nach ist „Friktion“ im Büro ein wichtiger Faktor, um innovative Lösungen zu fördern. Auch geografisch blickte er in die Zukunft: Heilbronn habe das Potenzial, sich zum KI-Zentrum Deutschlands, vielleicht sogar Europas, zu entwickeln.

Mathias Hildebrandt von Enpal fasste die Aufbruchstimmung in einem neuen Social Media Hashtag zusammen: #steuern_mega

🧠 Psychologische Sicherheit und Nachwuchsförderung

Stephanie Henseler von greenfield erinnerte daran, dass bei aller Begeisterung für KI die psychologische Sicherheit der Mitarbeitenden oberste Priorität haben müsse. Vertrauen und ein sicherer Raum für Experimente seien die Basis, um Technologie erfolgreich einzusetzen.

Bettina Rodenberg von Henkel lenkte den Blick auf die Nachwuchsförderung. Die Tax-Tech-Themen ziehen junge Talente stärker an als klassische Steuerfragen. Der Mensch stehe im Mittelpunkt, nicht der Paragraf, betonte sie.

Bianca Wöhrer von der FH Campus Wien formulierte es prägnant: „Die Hauptfrage ist, wie wir den Nachwuchs abholen“. Die Konferenz mache deutlich, dass es entscheidend ist, junge Talente für Zukunftsthemen zu begeistern, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

🤖 Die Rolle der KI: Chancen und Herausforderungen

Ein wiederkehrendes Thema der Konferenz war der Einsatz von KI in Steuerabteilungen und Steuerberatungskanzleien.

Prof. Dr. Rainer Bräutigam von der DHBW berichtete, dass an Hochschulen wie der DHBW bereits intensiv mit und an KI gearbeitet wird. Für den praktischen Einsatz sei eine saubere Datenbasis unabdingbar, bevor KI-Systeme wie generative KI im Mandantenkontakt oder regelbasierte KI im Austausch mit der Finanzverwaltung gewinnbringend eingesetzt werden könnten.

Lea Rövekamp von LucaNet brachte es auf den Punkt: „KI wird Menschen nicht ersetzen, aber Menschen mit KI werden Menschen ohne KI ersetzen“. Diese Aussage spiegelte sich in vielen Vorträgen wider, die auf die Kombination von menschlicher Expertise und technologischen Möglichkeiten setzten.

Roman Kowallik von Henkel ergänzte, dass es wichtig sei, die Stimmen und Ideen der Mitarbeitenden ernst zu nehmen. „In manchen Bereichen ist der Praktikant schlauer als ich“, gab er schmunzelnd zu und plädierte für einen offenen Austausch auf allen Ebenen.

🤝 Steuerbranche im Wandel: Kooperation als Schlüssel

Uta Schmittgens von Obi sprach sich für eine enge Verzahnung von internem Wissensaufbau und externer Kooperation aus. Auch Fabian Walter (@steuerfabi) betonte die Notwendigkeit, Kommunikation, Sprache und Bürokratie zu vereinfachen – eine Aufgabe, die durch KI unterstützt, aber nicht allein gelöst werden könne.

Ainom Amaniel von Boehringer Ingelheim skizzierte die Digitalisierung im Steuerbereich als einen Dreiklang aus Daten, Prozessen und Veränderung. Bislang fehle ein zentrales Tool, das auf alle relevanten Datenbestände zugreifen könne und so die Arbeit so erleichtere.

Florian Wiebecke von der Brückner Group hob hervor, dass gerade im Mittelstand der Erfolg von Veränderungsprozessen, letztlich von den Menschen abhänge, die sie umsetzen.

Christoph Schneider von Voith betonte die Bedeutung der Datenqualität: Nur eine saubere Datenbasis ermögliche den gewinnbringenden Einsatz von KI.

FAZIT

Der Mensch im Zentrum des Wandels

Bei aller Begeisterung für KI im Tax-Tech Umfeld, stand bei der TTC2024 der Mensch im Mittelpunkt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, den Mitarbeitenden frühzeitig die Möglichkeit zu geben, mit neuen Technologien zu experimentieren, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Die Information an sich verliert im digitalen Zeitalter an Bedeutung – entscheidend ist, wie wir mit dieser Information umgehen.

Ein großer Dank geht an das Organisationsteam, den „Zirkusdirektor“ Stefan Groß und an alle Partner und Aussteller, die mit der Tax Technology Conference 2024 ein inspirierendes und richtungsweisendes Format geschaffen haben. Es bleibt spannend zu beobachten, wie die Steuerbranche den Drahtseilakt zwischen Tradition und Innovation meistert 

IMPRESSIONEN

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