Praxisfragen und Herausforderungen

Das Metaverse im Trendwatch des IDW

Ein stilisierter Mensch trägt eine VR-Brille. Bild: @Just_Super via Canva.com

Von Gregor Danielmeyer und Dirk Schuster

In der Trendwatch-Ausgabe vom 24.06.2024 setzt das Institut für Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) das Thema Metaverse in den Fokus. Neben allgemeinen Begrifflichkeiten (Blockchain, Künstliche Intelligenz, NFTs, Metaverse, …) als Bausteine des Metaverse und der Funktion des Metaverse (eine erweiterte virtuelle Realität, die physische und virtuelle Elemente verbindet) wird die wirtschaftliche Relevanz des Metaverse zum jetzigen, aber auch künftigen Zeitpunkten beschrieben. 

Status Quo:

Unternehmen wie Meta oder auch Spielehersteller wie Epic Games (Fortnite) setzen bereits jetzt mit ihren Metaversen mehrere Milliarden US-Dollar um. Durch das Erweitern dieser Metaverse unter Nutzung der Blockchain-Technologie und insbesondere unter Verwendung von Non-Fungible Tokens (NFTs) lassen sich dort Grundstücke, Immobilien, Werbeflächen, … „besitzen“ und Weiterveräußern oder Vermieten.

Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 66 Milliarden Euro:

Dieser technologische Fortschritt wird dazu führen, dass sich typische Geschäftsfelder verändern. Weg von physischen hin zu virtuellen Geschäftsvorfällen, insbesondere in den Branchen des Einzelhandels, im Gesundheitswesen, im Bereich von Trainings/ Schulungen oder sonstigen Dienstleistern. Dadurch wird eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts bis 2035 um jährlich 66 Milliarden Euro in Deutschland prognostiziert. Hieraus können sich einige interessante Auswirkungen ergeben:

Auswirkungen für die Wirtschaft:
  • Chancen: Das Metaverse könnte neue Geschäftsmodelle und Arbeitsplätze schaffen, insbesondere in der Gestaltung, Entwicklung und Verwaltung der virtuellen Welt.
  • Herausforderungen: Es gibt zahlreiche Herausforderungen, darunter die Verarbeitung großer Datenmengen, der Datenschutz, die Cybersicherheit und rechtliche Fragen. Insbesondere der Mangel an Rechtssicherheit im Bereich der Ertragsbesteuerung von Krypto-Assets und in der Praxis oft nicht greifbare Aufzeichnungspflichten für Krypto-Transaktionen dürfte Gesetzgeber und BMF sowie Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Betriebsprüfer noch einige Jahre beschäftigen. 

Branchenspezifische Veränderungen:
  • Einzelhandel: Veränderungen im Verbraucherverhalten durch virtuelle Läden, Märkte und Werbeflächen.
  • Gesundheitsdienstleistungen: Potenzial für virtuelle Behandlungen und Therapien.
  • Training, Bildung und Schulung: Nutzung virtueller Lernumgebungen.
  • Professional Service Firms: Anpassungen in der Beratung und Prüfung virtueller Aktivitäten.

Anpassung der WP-Abschlussprüfung: 

Wirtschaftsprüfer müssen sich auf die Herausforderungen des Metaverse vorbereiten, insbesondere in Bezug auf Blockchain-basierte Transaktionen und den Schutz der Finanzberichterstattung.

Handlungsfelder:

Um künftigen Metaverse-Nutzern eine hohe Akzeptanz und funktionale Use-Cases zu bieten, sieht das IDW folgende Handlungsfelder:

  1. Politische Maßnahmen, um mentale und soziokulturelle Herausforderungen des Metaverse, wie Entpersonalisierung, zu antizipieren und eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu verhindern.
  2. Investitionen in flächendeckendes Breitbandinternet (5G) als Schlüssel für immersive Metaverse-Erfahrungen.
  3. Unterstützung von Startups und Investitionen in Schlüsseltechnologien (z.B. Web 3.0, Blockchain) durch den Staat, um ein innovatives Wirtschaftsumfeld zu fördern.
  4. Steuerliche Anreize für Investoren zur Förderung neuer Technologien und Geschäftsmodelle im Metaverse.
  5. Anpassung der Gesetzgebung für Sicherheit und Datenschutz im Metaverse, um Cyberkriminalität zu verhindern.
  6. Klare rechtliche Rahmenbedingungen für Blockchain-basierte Besitzverhältnisse im Metaverse.
  7. Ernsthafte Berücksichtigung der Verlagerung von Kriminalität ins Metaverse, ggf. durch rechtliche Anpassungen.
  8. Überprüfung und Anpassung der Rechtsnormen für NFTs, um klare Leitlinien für Eigentumsrechte und Handel zu schaffen.

Kritische Würdigung des Papers: 

Der Beitrag betont, dass das Metaverse zwar großes Potenzial birgt, aber auch viele offene Fragen und Herausforderungen mit sich bringt. Insbesondere in technologischen, rechtlichen und ethischen Bereichen. 

Aus unserer Sicht ergeben sich einige Praxisfragen, mit denen sich die führenden Interessenverbände aus der Metaverse- und Krypto-Branche befassen sollten:

  • Wie könnten spezifische politische Maßnahmen konkret die Entpersonalisierung im Metaverse verhindern, ohne gleichzeitig die Anonymität und Freiheit der Nutzer einzuschränken?
  • In welchem Umfang sollten Regulierungsbehörden eingreifen, um eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu verhindern, und wie könnte dies in der Praxis durchgesetzt werden, ohne Innovationshemmnisse zu schaffen?
  • Welche Risiken bestehen, wenn die Entwicklung des Metaverse von der Verfügbarkeit von 5G-Netzen abhängig gemacht wird, insbesondere in ländlichen Gebieten oder weniger entwickelten Ländern?
  • Gibt es Alternativen oder Ergänzungen zu 5G, die ebenfalls berücksichtigt werden sollten, um sicherzustellen, dass immersive Metaverse-Erfahrungen für alle zugänglich sind?
  • Welche spezifischen Kriterien sollten festgelegt werden, um sicherzustellen, dass staatliche Unterstützung und Investitionen tatsächlich den innovativsten und zukunftsweisendsten Technologien zugutekommen?
  • Wie kann sichergestellt werden, dass diese Unterstützung nicht zu einer Marktverzerrung führt, bei der etablierte Unternehmen benachteiligt werden?
  • Wie kann der Erfolg steuerlicher Anreize für Investoren gemessen werden, insbesondere im Hinblick auf langfristige Investitionen in nachhaltige und ethische Technologien im Metaverse?
  • Welche potenziellen Risiken bestehen, dass solche steuerlichen Anreize zu spekulativen Blasen führen könnten, die letztlich dem Markt schaden?
  • Wie können Sicherheits- und Datenschutzvorschriften im Metaverse so gestaltet werden, dass sie sowohl effektiv als auch flexibel genug sind, um sich an die schnell entwickelnden Technologien anzupassen?
  • In welchem Umfang sollten Nutzer über ihre Daten im Metaverse entscheiden können, und wie kann ein Missbrauch dieser Daten durch Unternehmen und staatliche Akteure verhindert werden?
  • Welche konkreten Herausforderungen bestehen bei der Etablierung von rechtlichen Rahmenbedingungen für Blockchain-basierte Besitzverhältnisse, insbesondere im Hinblick auf internationale Kooperation und Rechtsprechung?
  • Wie kann sichergestellt werden, dass solche Rahmenbedingungen auch zukünftigen technologischen Entwicklungen im Bereich der Blockchain gerecht werden?
  • Wie realistisch ist die Annahme, dass Kriminalität in großem Umfang ins Metaverse verlagert wird, und welche Art von Kriminalität könnte am meisten zunehmen?
  • Welche rechtlichen und operativen Maßnahmen sind notwendig, um Kriminalität im Metaverse effektiv zu bekämpfen, ohne die Freiheit und Kreativität der Nutzer zu beeinträchtigen?
  • Wie können Rechtsnormen für NFTs entwickelt werden, die sowohl den Schutz des geistigen Eigentums als auch die Innovation in diesem Bereich fördern?
  • Welche rechtlichen Unsicherheiten bestehen derzeit bei NFTs, und wie könnten diese durch klare Leitlinien gelöst werden, ohne den Markt zu stark zu regulieren?

Es bleibt unklar, ob das Metaverse das „Internet der Zukunft“ wird oder nur für bestimmte Branchen relevant sein wird. Auf jeden Fall ist es sehr zu begrüßen, dass sich die Wirtschaftsprüfung mit dieser Thematik befasst, denn die Finanzverwaltung ist hier bereits auf dem Vormarsch. Siehe bspw. auch die Blogbeiträge vom 25.07.2022 (Der Hype um NFTs – auch die Betriebsprüfung macht mit …) oder vom 08.05.2024 (Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Kryptotransaktionen im Deklarations- oder Prüfprozess).

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