Von der Rolle der IT im Steuerbereich

Die IT – das unbekannte Wesen?!

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Man kommt morgens ins Büro und der Computer fährt nicht hoch. Was macht man dann? Zuerst schimpft man auf die IT. Man hat eine Projektidee, die umgesetzt werden muss und ruft die IT an. Man braucht Daten für die Betriebsprüfung und hofft auf die IT. Jeden Tag arbeiten und denken wir mit Bezug zur IT. Aber was ist die IT für uns und was könnte sie MIT uns sein?

Meistens bemerkt man Dinge, wenn man sie nicht hat, wenn man sie braucht, wenn etwas schief läuft. Negatives wird oft schnell bemerkt. Positives wird oft akzeptiert.  Doch so einfach ist es leider nicht. Warum ist das so?

Was ist die IT?

Eine Funktion, eine Technologie, ein Bereich, systemgestützte Prozesse, ...? Seien wir ehrlich, haben wir uns schon einmal die Zeit genommen, darüber nachzudenken?

Warum habe ich mich damit beschäftigt?

Ich bin halb Steuerrechtler, halb Informatiker. Die IT sieht mich als Steuerexperten, meine Steuerkollegen sehen mich oft als Informatiker. Ich sehe mich als Dolmetscher, der die Themen Daten, Prozesse und Technologie mit dem komplexen Steuerbereich zusammenbringen möchte. Oft wurde ich von IT-Kollegen als Schatten-IT bezeichnet und aufgefordert, mich auf die Fachlichkeit zurückzuziehen.

Meine Meinung dazu?

Ich bin keine Schatten-IT. Ich bin Teil einer komplexen Organisation, in der Kompetenzen nicht klar abgegrenzt werden können. Aber ich glaube fest daran, dass sich die Grenzen weiter auflösen werden und es gemischte Teams aus verschiedenen Bereichen geben muss.

Aber was ist die IT organisatorisch?

IT ist ein sehr wichtiger Bereich, der von der Produktion bis zur Verwaltung einen wesentlichen Beitrag leistet. Aspekte sind hierbei:

  • Infrastruktur (Planung, Betrieb, Management bei Outsourcing)
  • Lizenz- und Vertragsmanagement
  • Budgetierung und Investment-Controlling
  • Betrieb und Support
  • Security und Desaster-Management
  • R&D / Development
  • IT-Compliance und Prozessmanagement
  • Demand-Management und Business Partnering

Wie diese Funktionen organisiert sind, wo sie angesiedelt sind, wie stark sie ausgeprägt sind und wie sie bezeichnet werden, kann variieren. Das hängt von vielen Faktoren ab. Meine Aufzählung mag von Lehrbüchern oder dem Verständnis von IT-Funktionen abweichen. Aber es gibt verschiedene Strukturen und Aufgabenbereiche.

Warum ist das für Steuern relevant?

Betrachten wir einzelne Aspekte aus der Welt der Steuern:

👉 Fall 1 - Ich brauche Daten für eine Betriebsprüfung
  • In diesem Fall sind verschiedene IT-Bereiche betroffen, und Steuern können dies nicht alleine bewerkstelligen. Die IT-Bereiche können weiter nach Systemumgebungen und Regionen unterteilt sein.
  • Die Aufgaben der IT können die Klärung der Systemlandschaft, der Datenflüsse, der Extraktion, des Berechtigungswesens, der Datenanalyse oder der Prüferinfrastruktur umfassen.
👉 Fall 2 – Ich möchte die Steuererklärung effizienter erstellen und teilweise automatisieren
  • Ich brauche Daten aus dem Rechnungswesen, Controlling und vielleicht noch anderen Bereichen, aber die Daten liegen in ERP-Systemen, BW-Systemen, Data-Lakes, anderen Datenbanken und das nicht auf der gleichen Plattform.
  • Also brauche ich Exporte, Schnittstellen, Vorverarbeitungen, Strukturierungen, Datenableitungen, etc. Das geht nicht ohne die IT und auch hier sind verschiedene Bereiche betroffen.
👉 Fall 3 – Ich möchte eine eigene Plattform aufbauen.
  • Das ist (auch) ein IT-Investment. Wird dies durch die IT verantwortet?
  • Wer macht die IT-Security und Data Security Assessments?
  • Wer ist verantwortlich für Installation, Setup, Betrieb (Updates, Upgrades, Datensicherung, Desaster Management, User Support)?
  • Wer macht die Verträge? Wer erstellt die Dokumentation?
  • Die Aufteilung kann unterschiedlich sein, aber die IT wird eine wichtige Rolle spielen.
👉 Fall 4 – Ich möchte, dass bei der Einführung, dem Betrieb und der Stilllegung von Systemen steuerrechtliche Vorgaben berücksichtigt werden.
  • Wer macht Vorgaben und wer entscheidet?
  • Wer prüft die Aspekte bei Anschaffung, Betrieb und Außerbetriebnahme?
  • Wie werden rechtliche Aspekte gebündelt und gemeinsam geprüft?
  • Wer geht wie mit Widersprüchen um?
  • Wer ist wofür verantwortlich?
  • Eine Arbeitsteilung mit der IT ist notwendig.

Tax Technology ist gerade „en vogue“ und wir sehen Ausbildungskurse, Veröffentlichungen, Konferenzen, etc. Die Experten in diesem Bereich haben unterschiedliche Hintergründe und Aufgaben. Auch das Aufgabengebiet wird unterschiedlich interpretiert.

Neben der grundsätzlichen und initialen Aufgabe, sich selbst - Tax Technology - zu definieren, sollte auch das Verhältnis zu anderen Funktionen, hier auch zur IT, definiert werden.

FAZIT

Die Welt, ihre Herausforderungen und Ziele sind heute zu komplex, um in isolierten Silos erfolgreich zu sein. Die IT-Funktion muss anerkennen, dass die Digitalisierung kein Thema ist, das sie alleine verantworten und entwickeln kann. Gleichzeitig müssen Fachbereiche wie z.B. Steuern akzeptieren, dass Lösungen im IT-Umfeld bestimmten Regeln folgen, ohne die Investitionen, Kostenmanagement und Betrieb nicht gewährleistet werden können. Es muss auch respektiert werden, dass zwischen der Idee und der Realisierung oft große Herausforderungen liegen. Die größten Erfolge in meinem Leben wurden durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit engagierter Kolleginnen und Kollegen erreicht. 

Und ein kleiner Spoiler: Je erfolgreicher eine Tax-Technology-Funktion ist, desto weniger wird sie benötigt, da ihre Fähigkeiten in den verschiedenen Bereichen aufgehen und dort Anwendung finden.  

Sprechen wir in der Zukunft von der Shadow-Tax-Technology-Funktion?

Und wenn Ihr eine generische/ganzheitliche Lösung für Kontrollen im Bereich Umsatzsteuer, direkte Steuern und Verrechnungspreise plant und deshalb einen Kollegen aus der Umsatzsteuer vertröstet oder ein Tool ablehnt, dann könnt Ihr auch als „Bremser“ angesehen werden. Ihr seid dann die IT der Steuerabteilung 😉

Denkt daran, wenn Ihr Euch mal wieder über eine ablehnende Haltung der IT ärgert.

Euer Heiko

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